hasta l’awista, baby ?

(work in progress)

Presseinfo von Stefan Zöllner zur Ausstellung „Hasta l’Awista, Baby“

Die beiden Fotos auf der Einladungskarte zu der gemeinsamen Ausstellung mit Jyrg Munter in der Düsseldorfer Galerie Plan-D beziehen sich auf eine festgestellte ähnliche Herangehensweise hinsichtlich der Materialbeschaffung. Was wie ein Scherz daherkommt, ist für uns jedoch realer Arbeitsalltag.

Aber ist der kreative Prozess schon Kunst?

Zumindest in meinem Fall kann die Arbeit nicht immer eindeutig vom „fertigen“ Werk getrennt werden: Es geht um Transformation. Es geht darum, die Dinge in einem „flüssigen“ Zustand zu halten. Das Gerinnen in einen „kristallinen“, starren, gefrorenen, fertigen Zustand des Objekts, der Skulptur oder der Installation findet meistens erst kurz vor Ausstellungen statt.

Natürlich muss man Statements in der Öffentlichkeit machen und den Menschen etwas zeigen, was einen Titel, eine Jahreszahl und eine „Bedeutung“ trägt. Es ist, als würde ich Screenshots ausstellen; der Film hingegen muss ungezeigt bleiben, da der Strom der Ideen, ähnlich wie ein intensiver Traum, in seiner Totalität nicht fassbar ist.

Mein Atelier und auch die virtuelle Zone meiner Website www.derRaum.com verstehe ich als „Möglichkeits-raum“. Hier formen sich schwer zu definierende Zustände zwischen Original und Reproduktion, zwischen fertig und unfertig: Oszillierende Kombinationen von Dingen mit unterschiedlicher Lebenserwartung oder Halbwertszeit …

Eine wichtige Arbeit der letzten Zeit, die auch in der Plan-D-Ausstellung gezeigt werden wird, trägt den Titel „Semantisches Feld“. Hier habe ich versucht, die Offenheit meiner Arbeitsweise und eben den Herstellungsprozess in das Werk einzupflanzen.

Essentiell ist dabei die Notwendigkeit, den Materialbestand wie in einer chemischen Fraktion in kleinste Moleküle oder gar Atome aufzuspalten. Ein gefundener Schiffsrettungsring beispielsweise kann nicht, quasi als Ready made, in meine Kunstwelt eintreten. Allerdings bietet er, bedingt durch sein Design und seine industrielle Fertigung, Kreissegmente an, die sofort mit der Säge angegangen werden. Und plötzlich offenbart sich mir ein leuchtend orange gefärbtes Innenleben aus Schaumstoff, das mit der verwitterten, olivfarbenen Plastikaußenhaut fast lebendig anmutet.

Der nächste essentielle Schritt heißt Fusion: Die durch sensible Destruktion gewonnenen Kunstatome werden mit anderen kombiniert. Vorhandene Affinitäten lassen bestimmte Elemente heftig und unter Energieabgabe miteinander reagieren. In einem solchen Fall bin ich als willkürlich Handelnder nicht vorhanden, sondern nur staunender, dienender Ausführender, der einen befriedigenden Aha-Effekt erlebt.

In der Arbeit „Semantisches Feld“ habe ich diesen beiden Laborstrategien eine dritte hinzugefügt: Die in einer Google-Recherche gefundenen Artikel im Internet zu Suchbegriffen, die sich aus meinen Materialursprüngen ergaben, wurden ausgedruckt, mit Überzeichnungen und Notizen versehen und zu einem Buch gebunden. Die in den Internetbeiträgen ermittelten Informationen wurden wiederum in die Objektinstallation miteingebaut und das Ergebnis wurde erneut bei Google als Suchbegriff eingegeben: eine Art Feedbackschleife, die tatsächlich ein unpersönliches „Semantisches Feld“ hervorbrachte.

Weiterhin werde ich in der Galerie Plan-D meine Beschäftigung mit Spielen (Mein „4D-Schach“ ist eine äußerst komplexe Erweiterung des ehrwürdigen Schachspiels) und mit phantastischen, flugunfähigen Flugapparaten („Katzengoldhornissen“) dokumentieren. Ausführlichere Informationen finden Sie bei Interesse unter http://www.derRaum.com

Und zum Schluss noch das Zitat eines Zitates, das ich gestern „zufällig“ in einer Plattenkritik einer alten Ausgabe der Musikzeitschrift „Spex“ (von 1985) fand:

„Romantische Ironie ist klares Bewusstsein der ewigen Beweglichkeit, des unendlich vollen Chaos; durch sie setzt man sich über sich selbst hinweg; sie ist steter Wechsel von Selbstschöpfung und Selbstvernichtung“, (Schlegel).

Stefan Zöllner, 7.4.2006

Nachtrag 29-12-2007: zukünftiges Semantisches Feld

————–

Nachtrag 13.4.2006:

… und kaum hat man es für sich erfunden, findet man, dass alle Welt es so macht.
Es gibt das private Neue nicht. Vielleicht war es schon immer so?
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,411147,00.html

Pamuk Prenses

ist türkisch und bedeutet „Schneewittchen“.

Die so benannte Edition ist im Moment auf der Messe „Cologne Fine Arts“ am Stand von Parzival zu sehen, wo dieser seinen „Kunstprofil-Diskus“ vorstellt.

webart

Drucken Sie Bildschirmfotos von „derRaum.com“ aus & schicken Sie mir das Blatt in einem frankierten Umschlag zu der Adresse (*) . Ich signiere es und schicke es Ihnen zurück.

(* siehe impressum)

Pressetext: 4D-Schach

Das 4D-Schach soll als Erweiterung des „gewöhnlichen“ Schachs und auch bisher entwickelter 3D-Schach-Varianten eine so hohe Komplexität erreichen, dass das menschliche Gehirn (auch das trainierteste) definitiv überfordert wird.

peterClouth-vor-4d-schach
Abb. Peter Clouth denkt vierdimensional (Foto Heinz Hachel)

Mit möglichst einfachen Regeln soll ein extrem dynamischer Spielverlauf ermöglicht werden, in dem Strategien zwar prinzipiell möglich, aber sehr schwer zu errechnen sind. Ich erhoffe mir, dass sich zukünftig Programmierer für das 4D-Schach interessieren und irgendwann die „Rechentiefe“ der

hier vorgestellten Spielregeln

ausloten. Der Mensch wird als Spieler gegen die entsprechenden Programme keine Chance haben, wie es bei aktuellen Schachprogrammen meines Wissens schon längst der Fall ist. Dafür ist die sogenannte „Schwache Künstliche Intelligenz“ völlig ausreichend. Ein 4D-Schach wäre also an sich überflüssig.

Im aktuellen Diskurs um die „Technologische Singularität“ ist jedoch von intelligenten Maschinen die Rede, die eigenständig noch intelligentere Maschinen bauen (bootstrapping). Mich interessiert dabei vor allen Dingen, ob diese visionierte Maschinenzivilisation (Starke KI) an Spielen interessiert sein wird oder nur an so ernsten Dingen wie Ausbeutung und Expansion. (Sie könnte sich beispielsweise laut Kardashev die „Energie einer Galaxis verfügbar machen“.) Die Frage stellt sich, ob und wie ein solcher Gerätepark, quasi zur Entspannung und vom 4D-Schach gelangweilt, über ein 5D-Spiel nachdenken würde.

Das Spielen des 4D-Schachs für Normalsterbliche führt jedoch nicht unbedingt zu Frustration, weil man seine Strategien (scheinbar) nicht planen kann. Es ist eine Art philosophisches Spiel mit der eigenen Unzulänglichkeit. Wie im richtigen Leben sind wir dazu verurteilt, über komplexe, von uns selbst ausgelöste Vorgänge zu staunen, die unsere Pläne plötzlich durcheinanderwirbeln. Aber natürlich ist es möglich den Gegner matt zu setzen… mit etwas Glück.

Ich weise darauf hin, dass ich nahezu keine Spielpraxis im „gewöhnlichen“ Schach besitze. Mir ging es lediglich darum herauszufinden, ob ich in der Lage wäre, aus einem alten Spiel ein neues abzuleiten, das eine Zumutung und Herausforderung
gleichermaßen ist. Denn ohne ein bißchen Hybris komme auch ich nicht aus.

Bootstrapping

Genau das will das 4DSchach sein: eine Münchhauseniade.
Am 16.1.2006 am Filzengraben 43 in Köln werde ich die Unterschiede zu bisher existierenden 3D-Schach-Entwürfen mit der Veröffentlichung meiner eigenen Spielregeln (soft) und dem Prototypen (hard) klarstellen. Bis dahin kann man schon mal das schicke Design virtuell bestaunen.

Choreografischer

Das 4D-Schach ist musikalischer und choreografischer als das „herkömmliche“ 2D-Schach.
Die Züge sind lockerer, körperlicher und experimenteller. Die Bewegungen suchen etwas…
Der Sinn des 4D-Schachs ist die Suche nach einer Regel, die sich selbst ständig überhöht!

Grenzen der Komplexität

Ein überlappendes SYSTEM von Spielregeln für das 4D-Schach machen, das frei schwingt.
Alle Ansätze von Spielregeln sollten für ’s erste Sinn machen.
Ideen, die sich davon ableiten. Ideen, die davon wegführen.
Daraus ergeben sich theoretische Fehler, Lücken in der Spiellogik, paradigmatische Schnittstellen zu ganz neue Spielen usw…
Woraus wiederum Fragen resultieren, deren Antworten neue Regeln ergeben usw.
Wo wären da Grenzen der Komplexität?

Inframince

Semantisches Feld 1

Delphin, 2004, Edition = Doppel / Zwillinge


Buch, 2004, 30 x 21 cm, Inkjetprints, Zeichnungen, Notizen

“ Es umgekehrt wie Duchamp machen!
Ästhetisch anfangen. (Objekt)
Aus den „wirklichen“ Bedeutungen der Bestandteile eines zusammengesetzten Readymades > semantische Bedeutungsorgien ableiten!

Erst das Objekt, danach die Legitimation durch das Wort (Geist) …“

> Google-Suche: „Boje, Fackelhalter, Seifenschale, Kohlensäurepatronen, Rettungsring.“

Playstation

Um den Turm wird am Boden konzentrisch eine ringförmige Plattform angebracht, die mit Kontaktmikrofonen an der Unterseite versehen sind. Betritt ein Spieler den“Ring“, wird die transpersonale Lichtmatrix aktiviert. Das 4D-Schach interagiert jetzt wie eine Mindmachine mit dem Spieler. Die Konzentration des Spielers, des Gegners und der Zuschauer steigern sich. Die Spielweise ändert sich von berechnend zu traumwandlerisch …

Dynamische Regeln (open source) sind möglich, die von den Spielern im Moment des Entstehens akzeptiert werden müssen: es ist klar, dass sich so kein Nullsummenspiel ergeben kann. Das Erfinden neuer, besserer Regeln ist eine Metaregel. Was passiert, wenn neue Metaregeln sofort innerhalb des Spieles angewandt werden?

Beispiel für eine Metaregel:

– gebe in den „post slug“ eines bestimmten threats deines wordpress-bloggs die beiden wörter „spieltheorie“ und „metaregel“ ein.

– erfinde ein paar Tage später einen neuen threat, in dem die beiden Begriffe Sinn machen und verlinke mit einem intelligenten Artikel, der sehr weit oben in der Suchmaschine steht (Platz 1, während du mittlerweile Platz 5 eingenommen hast)

– du stärkst somit deinen Gegner, was dir eine perfekte Loose-loose-position bringt.

– Suche dir Zeugen für diese Konstellation, mache zum Beweis ein Bildschirmfoto!

– oder (neue Metaregel) : FÄLSCHE ein Bildschirmfoto!!!

So ergibt sich Relevanz.

Semantische Querstreben einbauen ! (Nachtrag: 12.12.05)