Camera Obscura = Mensch

Meine CAMERA OBSCURA ist von dem bekannten Prinzip eines primitiven Fotoapparats zwar inspiriert worden, hat sich aber von ein paar Objekten, die optische Funktionalitäten vortäuschen, zu einem Gesamtkunstwerk entwickelt, das mich noch weitere Jahre in Anspruch nehmen wird.

Derzeit umfasst die CAMERA OBSCURA eine Serie von 17 Objekten, 8 großformatige Dias und ein Video. Dazu kommt eine Sammlung von Ideen, die in den verschiedensten Medien festgehalten wurden: Zeichnungen, Skizzen und Notizen auf Zetteln, 3-D Modelle und Fotomontagen auf dem Computer, Texte, eine „Bedienungsanleitung“ usw…

Ziel aller Anstrengung ist eine ausschließlich der CAMERA OBSCURA gewidmete, finale Ausstellung in Form einer umfassenden, multimedialen Rauminstallation. Mir schwebt dabei eine Präsentation vor, die der eines Fotografiemuseums ähnelt. Es werden Versuchsanordnungen zu sehen sein, die die komplizierten Vorgänge zwischen den Modulen untersuchen und den Verdacht aufkommen lassen, daß die CAMERA OBSCURA ein Mensch ist.

Auszug aus einem Bewerbungsschreiben für einen Kunstwettbewerb, 2001

Stereoskop

Aus KNÄUELS (holograpghische Röntgenplatten) können mittels Stereoskop Bilder haptisch gecheckt werden.
Der Blasebalg des Stereoskops pumpt im Rhythmus der Bilder.

4D-Schach gegen duchamp und matta

3-D Schach

Die gläserne Transparenz/Luzidität von M.D.
brauntöne / harte Grenzen / Perspektive
wie soll eine nichteuklidische Perspektive
ermittelt werden? Absurdität! Spielregeln?

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Spiegel von der Größe der Kacheln am Boden und an den Wänden als Sockel
die Figuren verschieben
sich ineinander
Verschachtelung

Verbindungen per Lichtstrahl? oder Leuchtstäbe?
Nylonfäden?
perspektivische Animation?

Pergament mit Objekten
Schichtungen

(Abschrift einer Notiz vom 20/09/03, Kugelschreiber auf DinA4 Blatt)

Flugzeugfressende Gärten

Stefan Zöllner
Flugzeugfressende Gärten
Schaufensterinstallation

Galerie Berners, Köln, 2002

Presseinformation

In seiner zweiten Schaufensterausstellung zitiert Stefan Zöllner die Bilderserie „Jardin gobe-avions“ von Max Ernst. Nahe an der Ästhetik dieser um 1935 entstandenen Bilder bleibend, gelingt es ihm dabei jedoch, stringent seinem eigenen Weg zu folgen, der sich in Zeichnungen schon lange angekündigt hatte: aus Fundstücken gefertigte Objekte werden zu Akteuren in Rauminstallationen und Computeranimationen.

Dazu eine Notiz des Künstlers:

„Nachdem ich mich jahrelang ausschließlich mit Malerei beschäftigt hatte, ging mir bei einem Rheinspaziergang auf, was man mit Fundstücken alles machen könnte. Was ich in diesen Tagen alles fand! Ich mußte nur das, was zusammenpasste, mit einem geeigneten Kleber und ein paar Schrauben verbinden. Die entstandenen Objekte waren stärker als jedes gemalte Bild. Sie waren aufgeladen von ihrer unnütz gewordenen Funktionalität und auch vom Rhein selbst: sie waren r(h)eingewaschen und bereit, eine neue Identität zu finden.
Manchmal war ich so ungeduldig, daß ich mit den Fundstücken noch vor Ort, sozusagen in der Schafsscheisse sitzend, herumprobierte. Ständig kreisten dabei Ideen in meinem Kopf, etwa die Funde/Objekte transformiert zurückzubringen und wie Findelkinder auszusetzen. Ich stellte mir arglose Spaziergänger vor und wie sie reagierten, wenn sie unvermittelt auf diese Teile stießen…
Aber der Gedanke, etwas Wertvolles geschaffen zu haben, hielt mich davon ab. Nur aus Funden, die ich nicht mit nach Hause nehmen wollte, machte ich Installationen, die liegenblieben und die ich nur fotografierte.

Mit „Flugzeugfressende Gärten“ bringe ich nun umgekehrt die Wildnis in die Räume der Galerie Berners. Sand und Kies vom Rhein werden eingefärbt und in „Beete“ eingeteilt. Diese verlaufen jedoch nicht im rechten Winkel, sondern treffen in spannungsgeladenen Spitzen aufeinander. Diese Architektur oder Landschaftsgestaltung hat „Jardin gobe-avions“ von Max Ernst zum Vorbild, aber auch japanische Steingärten, wie den des „Ryoan-Ji“-Tempels in Kyoto.
In dieser Marslandschaft sind wespenartige Propellerwesen gelandet oder abgestürtzt, die von anderen kleinen Insekten umschwebt werden; man kann ihre Flugbahnen erkennen. Manche von ihnen leuchten wie Tiefseefische. Dem Festmahl wohnen zwei Erkenntnis-module der „Camera Obscura“ bei: die verspiegelte „Mandalabox“ und der „Sensor“ registrieren und speichern die Vorgänge.“

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Sandiges Spreitzfett

zwischen deinen Schwarzhaarigen,
Türen die beim Angeln stöhnen
nein, in den Augen
wo schwarze Schmiere wie schlierige Schmincke klumpt
so wie Salz & Brotkrümmel
die Haut der schwarzen Nacktschnecken ritzen
zungenküssende Kampfpartner
Schaum & Speichel des Todes …
Schwarze Haare wie Wolle auf dem Küchenboden
rostige Schere mit Blut in den Schenkeln
Schändung … schlechte Frisur
Da wurdest du unwirsch & wolltest nicht mehr sein
mit jenen, die dich liebten
wolltest töten mit Steinwürfen
Das war dann die hysterische Grausamkeit des Irren
Du bin ja ich
Renn durch den Regen
den Großmüttern die Hüte vom Kopf schlagend
Spring in die Pfützen
Betrinke dich sabbernd & kotzend
Renn weg
Renn weg
Salzige Brandung in meinem Inneren
ich schließe die Augen mal wieder
achte reglos auf alles:
ein Gefühl, das wahrnimmt
Ruhe
Endstation
Langeweile

4.6.1990

Rosenknospen

wie weiche Flut, alkalisch
die ewige Jugend, pupurn & braun
schwarze, glänzende Wimpern um das Muschelfleisch
hart das weiße Porzellan
die elektrische, schmerzende Lust
der Schrei, nach hinten fallend
nochmals die Sehnsucht
beim Erwachen der Farben
dem Dampfen der alten Erde
zurück zu dir
das bin ich
nun allein
ich weiß, wovon ich spreche
das Gebet an deinem Ohr
die magnetischen Wellen
am zitternden Rückgrat
silberne Verpuppung, goldenes Erwachen
weil es wie Schmerz klingt
weil es wie Brandung schmeckt
weil ich dich liebe
wo kannst du nur sein?

19.2.1990

Die innere Häutung

Darmschlingen sich immer wieder aus dem Munde ziehen
& Lügen wie Sprechblasen blähen & ploppen lassen
dabei die Wangen wie Tonsuren konkav nach innen gesaugt
& die Augen hohl und bitter
auf die Wepennester ihrer Mumien gerichtet:
so alle Lappen fallen lassen!

11.3.1993

Katzengoldhornissen

Wenn unsere Welt sich so entwickelt, wie es einige Zukunftsforscher visionieren, wird in wenigen Jahrzehnten ein Punkt erreicht sein, über den hinaus nichts weiter mehr vorausgesagt werden kann (Technologische Singularität). Dieser Punkt ist wie eine WAND. Dahinter scheint alles Mögliche möglich zu sein. Die Beschleunigung der Entwicklung dahin ist nahezu exponentiell. Wir befinden uns in einem Szenario, dessen Dynamik nicht mehr aufzuhalten ist. Interessanter noch: “Wir” sind vielleicht in der nächsten evolutionären Phase gar nicht mehr wichtig. Von uns geschaffene Maschinen werden Intelligenz und Bewusstsein neu definieren und ihrerseits ständig komplexer werdende Maschinen designen – ohne unser Zutun. Maschinen, Geräte, Instrumente werden ein Eigenleben entwickeln: Artificial Life.

Meine neuen Arbeiten befassen sich mit dieser Thematik.

Zur Zeit werden die “Katzengoldhornissen” (Arbeitstitel)“ noch an der oben beschriebenen WAND starr befestigt. Im Förderjahr (2006) werden sie in den RAUM hineinwirken. Sie werden fliegen lernen!
LICHT und TRANSPARENZ werden in der entstehenden Arbeit eine große Rolle spielen. Vorherrschende Farben: Hellgelb, Gold, leuchtende Schatten … Bernsteinzimmer.
Die instrumentartigen Objekte werden gotisch nach oben streben und sich gegenseitig mittels Flaschenzügen wie ein Perpetuum Mobile in die Höhe ziehen. Mr. Vertigo. Mir schwebt ein heidnisch-sakraler, technoider Dom vor…

Festlegung: Ich werde das ganze Jahr eine gelbe Sonnenbrille mit Goldrand tragen, auch an verregneten Tagen (vor allem an verregneten Tagen!).

Die Zukunft soll hell sein.

(30.10.2005, Bewerbungstext für ‚Kunstfonds‘)

Seismographics

Einfach nur beobachten, wie der Stift über das Papier gleitet. Nichts forcieren, einfach kommen lassen. Medium für die Vibrationen des unterirdischen Flusses sein. Meist wird ein Kugelschreiber verwendet, da es sich weniger um Zeichnung als um Aufzeichnung handelt.

La Reine

Finsteres Blau hechelt im Tropfen
Schmerzschwarze Schlieren ziehen uns ab
Harzstreusel, quarzharter Schorf, sibirische Landschaft
Wenn der Körper uns drückt wie die blasige Walze,
überlängt in der Schwere des Plasmas,
gebären wir schleimige Lämmer
anstatt im Eishimmel zu schweben.
Ohnmacht umfängt den König der Olme
im nassen Kokon: schwitzende Erde
das Futteral ist seine Rüstung
Mondsperma träufelt endlos zu Fäden
& wie er auch entläßt ins Leere,
was ihn in schmerzender Schwangerschaft bläht,
so wird seine Nacktheit fetter
& fahl die schwarzen Augen,
die nichts sehen.

10.6.1991